Unsere Zeit in Südamerika ist vorbei
Vier Monate in Südamerika liegen jetzt hinter uns. Wir waren in Ecuador, Peru und Bolivien und im Grunde haben wir gar nicht so viel von dem Kontinent gesehen, aber trotzdem so viel. Unsere Reise führte uns über 3500 Kilometer Luftlinie von Otavalo in Ecuador bis an die chilenische Grenze in Bolivien, vom Strand auf den Galapagos Inseln bis auf 5000 Meter in den Cordillera Blanca an den Fuß des Pastoruri Gletscher. Wir sind mit Seelöwen und Riesenschildkröten geschwommen und zu Fuß 66 Kilometer zum Machu Picchu gelaufen. Wir haben so viel erlebt und gesehen.
1. Gott sei Dank! Wir sind nicht die einzigen Verrückten
Die vier Monate waren für uns aber nicht nur Südamerika. Es war auch der Start unserer Weltreise. Als wir losgezogen sind, gab es manchmal schon Momente, in denen wir uns fragten: „Ist das wirklich eine gute Idee?“ Fast jeder aus unserem alltäglichen Umfeld war skeptisch, manch einer hielt uns sicher auch für verrückt. Wohnung und Job aufgeben, Hab und Gut verkaufen und dann einfach in die Welt losziehen. Man denkt in der Zeit oft man ist der einzige Verrückte, der sowas macht.
Und dann reist man los und sitzt plötzlich in irgendwelchen Hostel und trifft andauernd Menschen, die auf einer Langzeit Reise sind. Manchmal nur geplante 3 Monate und manchmal schon seit 20 Monaten mit Open End. Man trifft Paare, Alleinreisende, Geschwister, Familien und das in nahezu jedem Alter. Schon in den ersten Wochen in Ecuador haben wir gelernt, dass wir nicht die einzigen Verrückten sind, sondern unglaublich viele Menschen da draußen unterwegs sind. Wir sind nicht allein und überhaupt nicht verrückt.
2. Uns ging es noch nie so gut wie jetzt
Im Grunde ging es uns noch nie so gut wie in den letzten Monaten. Es gibt auch auf einer Weltreise Höhen und Tiefen, die gibt es überall. Aber vieles hat sich gut eingepegelt. Wir haben seit Jahren wieder einen festen Tag Nacht Rhythmus. Ich habe deutlich weniger Probleme mit dem Rücken. Ich bin seit über 10 Jahren das erste Mal wieder unter 100 Kilogramm Gewicht. Katjas ständige Kopfschmerzen sind nahezu verschwunden. Und wir sind beide deutlich ausgeglichener.
3. Wir haben unsere Grenzen verschoben
Wir haben in den letzten vier Monaten neue Grenzen für uns aufgestellt. Vor einem halben Jahr hätten wir es nicht für möglich gehalten, dass wir Höhenwanderungen in den Anden schaffen würden.
Und dann kam Huaraz in Peru und wir bewiesen uns selbst, dass wir das machen können. Auf über 4000 Metern Höhe wandern, war plötzlich kein Problem. 5000 Meter wurde für uns die neue Rekordmarke und wir beschlossen, dass wir das auch Mal über mehrere Tage machen können.
Bevor wir abreisten, dachte ich die 10 Kilometer Wanderung von Hidroelectrica zum Machu Picchu wird hart. Nicht einmal 3 Monate später sind wir dann stattdessen 66 Kilometer gelaufen und haben gute 2500 Höhenmeter in 5 Tagen überwunden. Vor 6 Monaten war das noch undenkbar.
Und was war das größte Learning auf dem Weg zum Machu Picchu? „Wenn Du denkst, es geht nicht mehr, hast Du erst 40 Prozent deiner Leistungsfähigkeit erreicht.“ An diesem alten Leitsatz ist durchaus etwas dran!
4. Die Welt ist viel mehr als Deutschland
Eine Sache, die man unterwegs sehr schnell versteht, ist, dass die Welt so viel mehr ist als Deutschland mit all seinen Problemen und Vorzügen. In Sucre hatten wir eine Unterhaltung mit José, einem jungen Bolivianer, der sich mit Walking Touren ein kleines Geschäft aufgebaut hat. Wir unterhielten uns über Bolivien und Deutschland und die Unterschiede zwischen den Ländern. Wir sprachen über die Pandemie und den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise. Jose sagte dann irgendwann: „Ja, davon haben wir gehört, dass es einen Krieg mit Russland irgendwo in Europa gibt. Aber mehr weiß ich eigentlich auch nicht.“ Worauf wir meinten, dass ist eigentlich nicht schlimm, denn über Politik, Geschichte und Konflikte in Bolivien oder Südamerika wissen wir selbst ja auch nicht wirklich etwas. Diese Unterhaltung spiegelt wieder, das es nicht die eine Wahrnehmung gibt. Es gibt so viele Blasen, die sich parallel nur um sich selbst drehen und sich selbst zum Mittelpunkt machen.
Wir haben in den letzten Wochen sehr viel über die Geschichte von Südamerika gelernt. Wir haben in Ecuador gelernt, was eine Hyperinflation mit einem Land bzw. mit einer Stadt wie Quito macht. Wir haben gelernt, dass Gefängnisse auch ohne Wärter funktionieren können, wenn ein Land sich Wärter einfach nicht leisten kann. Wir haben gelernt, dass es immer noch Menschen gibt, die Opfergaben für Mutter Erde bringen. Wir haben gelernt, dass es Orte gibt, wo man sehr stolz auf seine Armee ist. Wir haben gelernt, dass man nicht automatisch eine Lebensmittelvergiftung bekommt, wenn der Straßenstand keinen Wasseranschluss hat. Wir haben viele Geschichten über Korruption und Kriminalität gehört. Wir haben in Ecuador viele sehr junge Paare mit Kindern erlebt. Wir haben wieder gelernt, das Autos 30 oder 40 Jahre lang fahren können.
Ich habe in den letzten Monaten immer wieder viel über die Welt nachgedacht und wie sie sich entwickelt. Über die Pandemie, die Inflation, den Klimawandel und den Wechsel zu erneuerbaren Energien. In den Ländern, die wir in Südamerika bereist haben, sind alle diese Probleme mindestens genauso relevant, wie in Europa. Die Betroffenheit und Probleme daraus aber um ein Vielfaches größer und die Lösungen viel weiter weg als in Europa. Das macht mich immer wieder traurig.
5. Es wurde uns wieder bewusst, wie gut es uns in Deutschland geht
Schon bevor wir losgezogen sind, sagte ein guter Freund zu mir: „Die Lebensqualität eines Landes kann man an den einfachen Dingen erkennen. Zum Beispiel daran, ob man das Leitungswasser bedenkenlos trinken kann.“ In Deutschland wirkte es damals wie ein wahrer aber auch banaler Gedanke.
In den letzten Monaten haben wir oft gemerkt, welche hervorragenden Voraussetzungen und Vorzüge wir in Deutschland genießen können. Viele dieser Dinge sind so selbstverständlich, dass wir sie gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Hier einige Beispiele, an die wir auf unserer Reise gerne zurückdenken.
- Trinkwasser und heißes Wasser aus der Leitung
- das Vorhandensein von Gurten in Taxis,
- Nachts sicher auf die Straße zu gehen oder mit dem Bus zu fahren
- Ein ruhiger Straßenverkehr ohne ununterbrochenes Hupen aller Verkehrsteilnehmer
- Einfach zu findende Fahrpläne
- Eine funktionierende Müllabfuhr und ein Recyclingsystem
- Ein nahezu kostenloses Bildungs- und Hochschulsystem
- Ein stabiles Geld- und Bankwesen, das beispielsweise Kredite vergibt und flächendeckende Bargeldein- und -auszahlungen zulässt
- Ein funktionierendes Gesundheitswesen
6. Unsere Reise geht straff weiter
Ihr könnt sehen, dass 4 Monate Weltreise, nicht einfach so an einem vorbei gehen. Wir haben schon viel erlebt und gesehen, viele liebe Menschen getroffen und auch viel nachgedacht.
Unsere Reise geht weiter und wir haben auch schon einen straffen Plan für die nächsten vier Monate aufgestellt. Ob wir den so einhalten können, wie wir das uns jetzt denken werden wir sehen. In jedem Fall sind wir aber sehr gespannt, was die nächsten Wochen und Monate mit uns anstellen werden, wen wir so treffen werden und was wir erleben werden. Es bleibt spannend.
Liebe Grüße, Nico
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